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Passt, wackelt und trifft nicht

die Montage ist die wichtigste Verbindung zwischen unserer Waffe und der Optik - wer hier nicht sauber Arbeitet riskiert Probleme

Alexander Kaiser | 22. Oktober 2024


Immer wieder habe ich in meiner Laufbahn die kuriosesten Dinge erlebt, wieso Streukreise überdurchschnittlich groß sind oder auch unerklärte Treffpunktlagen sich ergeben.
 
Mit dem absolut größten Abstand ist es zumeist der Steuermann. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. 
Ausnahmen die tatsächlich einen technischen Ursprung haben, wieso die Treffer nicht zusammenliegen, springen oder teilweise sogar die Scheiben verlassen.

Zwei Fotos. Zwei Streukreise. Allerdings selbe Waffe, Munition und Schütze. Der Unterschied nach Überprüfung ist mehr als deutlich erkennbar.


Wer hat Schuld?

Die meisten Schützen sind eh erst einmal der Auffassung, dass die Waffe oder die Munition nichts taugt und es nicht an ihnen liegen kann. 
Leider muss man hier sagen, dass es sehr oft nicht daran liegt, sondern wie oben erwähnt, einfach die persönliche Fähigkeit einen bzw. mehrere "saubere" Schüsse in gleichbleibender Qualität abzugeben.

Zusätzlich muss ich fachlich zuerst auf etwas hinweisen:

Was ist eigentlich ein guter Streukreis?

Für den ambitionierten Sportschützen der im Präzisionsbereich zu Hause ist und sogar Benchrest schießt, geht es um 10tel mm Abweichung zu den einzelnen Treffpunkten.
Für ihn ist das Präzision.
Für einen Jäger, der selbstverständlich auch von einer solchen Präzision profitiert, wäre allerdings ein Streukreis von 3cm auf 100m jagdlich noch ausreichend genug um ihn als präzise zu beschreiben.

In meinem Artikel geht es deswegen um Streukreise, die die 5-10cm überschreiten und/oder jede Menge sogenannter "Flyer" vorhanden sind. Ab hier würde ich anfangen mein hier im Blog beschriebenes zu prüfen.

Wer gut schmiert, der gut schießt?

Was ist hier passiert?
Eine Blaser SR830 war nicht zu bändigen. Verschiedenste Fabrikmunitionssorten mit unterschiedlichen Geschossen wurden getestet. Zusätzlich Handlaborierungen.
Es gab nur schlechte und sehr schlechte Ergebnisse.

Grundsätzlich muss man sagen, dass eigentlich jede moderne Waffe einen Streukreis um 1 MOA schaffen sollte. Das heißt nicht, dass es immer mit jeder Munition funktioniert und es einfach ist diese zu finden.
 
Jedenfalls brachte eine Analyse der Montage die oberen Bilder.
Die verwendeten Montageringe wurden quasi unterfüttert.
Ich kenne diverse Verklebungen. Auch die Tricks mit den Gummihandschuhen sind mir geläufig.
Allerdings wurde hier eine Art Gewebeklebeband verwendet. Welches es war, lies sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr herausfinden.
Über die vielen Jahre, durch chemische Alterungsprozesse, Hitze- und Kälteunterschiede sowie Feuchtigkeiten fing dieses Klebeband an sich aufzulösen und somit zu "schmieren".
Wie an diesen Kontaktstellen die Ringe der Montage mit dem ZF verbunden waren, kann sich jeder vorstellen.

Nach dem Entfernen der Klebereste und Anziehen der Schrauben mit geeigneten Drehmoment, folgte die Montage. 
Sofort stellte sich ein brauchbares Schussbild ein. Zur Freude des Besitzers.
 
Ergänzend muss ich allerdings hier noch sagen, dass die Montage auf der Waffe nicht spannungsfrei montiert worden war. Hierbei handelte es sich um eine ERA Schwenkmontage. Wenn sich beim Lösen einer Seite das ZF anhebt und sogar das normalerweise einfache Lösen der Verriegelung, da alles unter Spannung steht zu einer Herausforderung wird, stelle ich mir hier die Frage:
Wer hat das eigentlich in der Vergangenheit montiert?

Nachdem auch das korrigiert wurde, stellte sich noch einmal eine deutliche Steigerung der Qualität bei den Streukreisen ein und die Verstellung des Zielfernrohrs arbeitete auch wieder sauber.
Eine eigene Überprüfung des Zielfernrohrs blieb erst einmal aus. Hierfür kann ich die  

DEVA, einen mehr als kompetenten Partner empfehlen, die neben dem Fachwissen auch über entsprechende Mess-, sowie Prüfgeräte, wie einen Kollimator, verfügen.

Das wichtige und richtige Drehmoment

Ich kann euch grundsätzlich empfehlen nach der Montage sämtliche Schrauben einer Montage mit dem richtigen Drehmoment von Zeit zu Zeit zu kontrollieren. Gerade nach den "ersten Schüssen".
Verwendet ausschließlich einen Drehmomentschlüssel mit einer vernünftiger Einteilung.
Dieses "Handfest" und "ich ziehe mal gut an" bringen euch wenig und euer Optik noch weniger. Auch Aussagen wie: "Ich habe das richtige Drehmoment in meiner Hand" , sind wirklich über.
Viele kaufen Hochpräzisionsfertigungen im Waffen, Munitions und Montagebereich mit einer physikalische Meisterleistung im Optikumfeld und fangen an hier dran zu arbeiten, als wenn die eine Spaxschraube in einen Dübel drehen um eine Lampe an ihrer Wohnzimmerdecke zu montieren. Mal völlig abgesehen von den kleinen Preisunterschieden der Komponenten.
Im schlimmsten Fall beschädigt ihr Montagen, Optiken oder das Gewinde, im ungünstigsten Fall ist es zu locker festgeschraubt, was auf Dauer auch zu Problemen führen wird.
 
Ich selbst habe schon neben zwei Schützen gestanden, dem auf dem Stand sein Zielfernohr abgefallen ist.
Die zu verwendeten Drehmomente bekommt ihr von jedem seriösen Hersteller, der die Montagen herstellt und zusätzlich von den Herstellern, die die Zielfernrohre und Optiken ernsthaft bauen und vertreiben.
Ihr solltet bei diesen Vorgaben bleiben!

Ich habe schon genug Zielfernrohre gesehen, wo sich der Tubus bzw. Mittelrohr schmerzhaft verformt haben. Wenn ich das mit meinen bloßen Augen schon erkennen kann, ist eh schon zu spät. 
Meistens machen sich genau dann die oben beschriebenen Schussbilder bemerkbar. Oder auch die Absehenverstellung arbeitet nicht mehr sauber genug.

Lose Schraubverbindungen sind meiner Meinung nach mit einem großen Abstand die Nummer 1 in Bereich der Fehlerquellen!

Kleben, schrauben und Mutti's Gummihandschuhe...

Hier kann ich ganz klar aus meiner Erfahrung berichten, dass eine vernünftige Montage der Montage in Verbindung mit dem korrekten Drehmoment keine wirklichen Zusatzfeatures benötigt. 
Ausnahmen gibt es immer. 

Ein Verkleben schafft die Sicherheit, dass sich nichts mehr löst. Meint man...
Allerdings ist das Verkleben auch ein großes Thema bei einer Demontage durch Wechsel oder Verkauf. Kleberückstände. Beschädigungen der Brünierung usw. gehören dann dazu. 
Ich selbst habe schon eine Waffe zur Kontrolle gehabt bei der alles erdenkliche verklebt war. 
Passiert war allerdings hierbei, dass sich alle Verklebungen gelöst haben, da sie keine Verbindung mit dem Metall eingingen. Schlecht in diesem Falle, wenn man jetzt alle Kleberückstände entfernen muss die an manchen Stellen dann doch wirklich sehr gut hielten. 
Wieso verklebe ich etwas, was unter einer sogenannten Vorspannung verschraubt wird? 
Auch hier: Wenn die Drehmomente passen und eingehalten werden, diese mal von Zeit zu Zeit kontrolliert werden, lockert sich da nichts. 
Vorausgesetzt alle Teilen passen sauber in-/aneinander.

Wenn ich die Verklebung nur benutze wie einen Bauschaum auf der Baustelle um entsprechende Toleranzen auszugleichen, dann braucht sich niemand über entsprechende Ergebnisse wundern. 
Das war nämlich bei dem o.g. Fall passiert. Eine saubere und spannungsfreie Montage des Zielfernrohrs war nicht möglich. Eine minderwertige Zielfernohrmontage was das Problem.

Mutti hilft bei der Montage

Die guten alten Gummihandschuhe von Mutti. Eben den Finger abgeschnitten und zwischen den Montageringen und Mitteltunnel gelegt. Festschrauben und fertig. 

Aber wieso wird so etwas gemacht? Damit ein Zielfernohr nicht verrutscht?
Wenn es das macht, dann stimmt wahrscheinlich das Drehmoment nicht oder es handelt sich wieder einmal um eine günstige Montagemöglichkeit. 
Bei der in gummigelagerten Montagemöglichkeit riskiert ihr nur eine weitere Variable wieso eure Treffer ungenau werden könnten. Gerade wenn aus dem Gummi entsprechende Weichmacher austreten und sich das Materialgefüge verändert. 
Was passieren kann seht ihr im Beispiel meiner vorherigen Bilder.

Ergänzend möchte ich erwähnen:
Es gibt ein System von Sako welches sich OptiLock nennt. Dieses habe ich auch im Einsatz.

Der Vorteil dieses Systems ist, dass in den Ringen noch einmal Polymerringe gelagert sind, die einen Ausgleich in den Achsen zulassen. Somit ist "immer" eine spannungsfreie und verkantungsfreie Montage möglich. Natürlich nur in einem gewissen Toleranzbereich. Ein Verkleben zum Ausgleichen von Toleranzen fällt hierbei weg.  

Doch kleben?

Etwas Loctite oder Schraubensicherungsmittel an den Verschraubungen sind okay. Achtet aber bitte auf die richtige Festigkeitsklasse. Für unseren Anwendungsfalls braucht man kein Endfest. 
Ich kann nur wiederholen, dass gerade die Verschraubungen im Bereich des Mittelrohres vorgespannt sind. Das heißt, die Verschraubung steht permanent unter einer Spannung, wodurch sie sich schlecht lösen kann bzw. Toleranzen durch Wärme, Kälte oder Erschütterungen (Schock) ausgeglichen werden können. 
Sicherlich trifft dieses nicht mehr so direkt bei einer Montageschiene an einem ZF auf. Hier gibt es einige Hersteller am Markt die so etwas anbieten. Unter anderem Zeiss.
Dennoch wird eine Schraube beim Anziehen auch gelängt, und somit wieder die Vorspannung erreicht.

Wer gut ölt, der nicht trifft

Was auch nicht gut funktioniert, ist eine Öl- oder Fettschichten zwischen den Haftverbindungen der Montage. 
Bitte entfettet diese Bereiche. Eine Montage hält durch einen großen Anteil einer hohen Haftreibung an den jeweiligen Kontaktstellen.
Wenn hier ein Öl-oder Fettfilm vorhanden ist, kann keine gute Verbindung hergestellt werden.. Je nach Montagetyp bzw. Hersteller, mehr oder weniger. 
Wenn hier ein Öl oder Fettfilm vorhanden ist, kann keine gut Verbindung hergestellt werden. 
Das trügerische hierbei ist, dass alles fest ausschaut und sich auch fest anfühlt. 
Was aber passiert ist, dass die Systeme dann anfangen zu "schwimmen". 

Ihr müsst euch das so vorstellen:
Auf den Metalloberflächen sind Täler und Berge. Natürlich stark vergrößert. Auch wenn ihr meint das ist gut poliert, sie sind sie dennoch vorhanden. 
Wenn ich zwei Flächen aufeinander presse die rau sind, verzahnen sich diese Oberflächen ineinander. Das kann ich durch zunehmenden Druck erhöhen und somit den Reibwert maximieren. 
Wenn ich jetzt eine Substanz, wie ein Öl dazwischen gebe, kann diese Verzahnung nicht mehr so gut stattfinden. Wer hätte gedacht, dass dieses eine der Hauptaufgaben des Öls ist...
Will man dieses an Präzisonsverbindungen mit nahezu 0 Toleranz? 
Nein, ich denke kaum.
Zumal es dann nachher wieder heißt: Die Montage muss geklebt werden bzw. da müssen Gummihandschuhe zwischen.

Bitte achtet somit beim Reinigen eurer Waffen auch auf eure Öle und andere Substanzen die ihr verwendet, dass diese nicht an die Stellen der Montagen geraten. Durch kriechende Eigenschaften unterlaufen eure Öle die Verbindungen. Das ist gar kein Problem für die meisten Öle. Denn auch das ist eine gewollte Eigenschaft der Hersteller. 
Dann habt ihr am Anfang alles gereinigt und richtig gemacht um dann doch alles in einem Ölbad zu lagern. 

Ich selbst habe schon Montagen demontiert wo genau dieses passiert war. An allen Kontaktstellen hatten sich kleine Ölpfützen gebildet.

Mein Fazit:
Kontrolliert bei unplausiblen Ergebnissen im Schussbild eure Montage.
Was ihr immer selbst machen könnt, prüft alle Schraubverbindungen mit dem korrekten Drehmoment. 
Hier stelle ich oft lose Verbindungen fest.
Falls das keinen Erfolg bringt, alles einmal demontieren und auf Verspannungen prüfen. Ist alles gerade und spannungsfrei ausgerichtet worden? Haben sich Verklebungen gelöst?

Abschließend möchte ich noch ergänzen, dass ich hier nur einen Teil der technischen Möglichkeiten betrachte wieso eine Waffe "streut" und es sich somit um einen Auszug handelt.
Es gibt ohne Weiteres noch viele Fehlerquellen mehr die technischer Natur sind. Aber wie oben geschrieben, geht es hier erst einmal um die Montage und die hier für mich am häufigsten auftretenden Fehlerquellen.